Dir gefällt der Artikel? Dann sags gerne weiter!

Florian Haupt

Ein paar Fragen an den Mann hinter Rüsselsheims Kult-Location Das Rind

Das Rind kenne ich schon, seit dem Alter von 11 und über die Jahre wurde es für mich mehr und mehr eine Location mit persönlichem Bezug.Ich denke da an meine Abi-Party im Rind und das ein Teil meines Abschlussjahrgangs, inkl. mir, nach besagter Feierei morgens um 4 die Wände neu streichen musste, an einige richtig geile Konzerte, gemütliche Frühstücksrunden mit Freunden oder den ein oder anderen verdienten Feierabendabsacker. Die Sache mit dem die Wände neu streichen, hab ich Floh während unseres Interviews natürlich verschwiegen. Da wir uns getroffen hatten, um die erste Stimmenwerk-Session im Rind zu planen, dachte ich, das ich mir dieses Thema lieber mal für eine lockere Runde mit Bierchen aufhebe. Auch wenn ich das Rind nun schon lange kenne, habe ich mir wirklich erst jetzt die Zeit genommen um mal einen Blick hinter die Kulissen und DEN Menschen, der dem Rind Seele verleiht, zu werfen.Interview mit dem Mann hinter Rüsselsheims Kultur-Location Das Rind.

Ich kenne das Rind schon aus frühen Jahren. Da dachte ich noch das Rind wäre ein Steak House.

(lacht) Das geht uns öfter so. Das Leute, die das Rind nicht kennen, hier anrufen und einen Tisch reservieren  wollen, weil sie denken das hier wäre ein Steakhouse. Das sind wir natürlich nicht. Gut essen kann man hier aber natürlich trotzdem.

Aber warum heißt denn das Rind dann eigentlich das Rind?

Mhhh, so genau konnte ich das nie rausfinden. Weils so genau keiner mehr wirklich weiß. Es gibt da ein paar Mythen und Legenden dazu. Zum einen hat man damals versucht was ganz anderes zu suchen um sich gezielt von dem  vorherigen linken Kulturcaffé deutlich abzugrenzen und ist auf den Kuh-Flecken Hype in den 90ern aufgesprungen.

Die bis jetzt schönste Version zur Erklärung des Namens fand ich, als Itchy Poopzkid (dt. Punkrock-Band) hier auf der Bühne standen und sich dann eben auch auf der Bühne gefragt hatten, warum das Rind, das Rind heißt. Und dann gesagt haben, das ist doch ganz einfach, hier in der Republik gibt es so viele ehemalige Schlachthöfe, die zu Musik Locations umgewandelt wurden, und die sind blutig und die sind böse und hier im Rind werden keine Rinder getötet, hier wird das Rind geehrt. Es gibt ja dutzende Schlachthöfe, aber hier wird das Rind geliebt. (lacht). Ist natürlich quatsch, ist aber, wie ich finde, die schönste Geschichte wie´s zu dem Namen kam.

Und seit wann führst du das Rind?

Ich bin hier eigentlich so reingerutscht. Auf die schiefe Bahn gekommen , wenn du so willst (grinst). Man kannte mich hier ganz früher  als Gast, dann wurde ich gefragt, ob ich hier und da mal aushelfen könnte. Dann kam glaube ich das 10-jährige Jubiläum 2002 „…Du Flo, du bist doch da so´n bisschen kaufmännisch, kannst du  uns das mal kalkuliern?…“ Dann hab ich so was gemacht und hab  immer son bisschen mitgeholfen. Dann hab ich irgendwann die Kasse gemacht. Jetzt hauptberuflich mach ich´s, als es jetzt auch den Relaunch gab und sich auch personell etwas verändert hat. Also hauptberuflich und vollverantwortlich mach ich´s seit 2008.

Heißt das, du hattest vorher auch mal einen seriösen Job?

Ja, ich hab auch mal was studiert, hab das aber nicht abgeschlossen. Und habe vorher in Computerfirmen und Systemhäusern gearbeitet. Damals im .com-Boom, so mit Anzug und Krawatte, 12 Stunden Tage. Ich bin zu Bänkern gefahren und habe denen die Server eingerichtet. Das war mir aber auch irgendwann nach ein paar Jahren klar, dass ich das nicht mein ganzes Leben lang machen will. Hab dann noch in einem Verlag gearbeitet. Ich habe eine etwas, wie nennt man das, unorthodoxe Biographie. Ich hab mich eigentlich schon immer für irgendwas engagiert, hab auch Politik gemacht und son Quatsch.

War aber schon immer Musik-Fan, so wie alle anderen auch, klar! Konzerte – geil! Rock ´n Roll, Party!

Ich war ja dann im Rind eben immer tiefer mit involviert und habe mir dann gedacht, du könntest das auch als Job machen, du traust dir das auch zu. Ich kam ja hier eher wie die Jungfrau zum Kind und obwohl wir ein gemeinnütziges Kulturzentrum  sind, bin ich auch quasi Unternehmer, also selbstständig. Das sind halt alles so Schritte, die muss man sich gut überlegen (lacht).

Würdest du sagen, das ist dein Traumjob?

Ehm, Traumjob …. (überlegt kurz) Mh, jeder Beruf hat natürlich auch Schattenseiten. Ich mach das hier sehr gerne und mach das hier nach wie vor seit vielen Jahren mit viel Leidenschaft. Ich glaube manche Leute kommen hier her und haben das Rind noch nie ohne mich gesehen, bei der vielen Zeit die ich hier verbringe… ein Traumjob wäre jetzt übertrieben. Na klar, also wenn dann würde ich natürlich auch lieber einen 2000er Laden leiten und hätte 5 Konzerte die Woche mit Stars aus aller Welt (schmunzelt). Ist natürlich nur ein kleines Kulturzentrum hier. Das hat klar auch wieder Vorteile, die man in sonem großen Laden wieder nicht hätte.

(überlegt kurz und lacht) Also ich arbeite nicht primär hier um Geld zuverdienen. Da gibt es andere Jobs wo man das kann (grinst)

Wie z.B in der IT-Brance? (ich lache)

Ja, z.B. Damals habe ich als Student mehr verdient als jetzt. Aber klar, man muss natürlich auch hier gucken. Man will ja was verdienen und will Kohle auf dem Konto haben. Aber wenn man jetzt vergleicht und 12 Std. im Büro sitzt und mit Leuten telefoniert, mit denen man eigentlich nichts gemein hat… Also, wir hatten damals die Frankfurter Bänker und die Börse ausgestattet mit IT… Ich wollte einfach nicht mein ganzes Leben lang mit diesen Leuten zu tun haben. Dann wecke ich lieber nachts um 2 irgendwelche Betrunkenen von der Bar und schick die heim (kichert).

Wie sieht denn so dein Tagesablauf im Rind aus?
Man denkt ja oft, Clubbesitzer haben ein lockeres Leben, feiern jeden Abend, können am nächsten Morgen  ausschlafen …. Ähnliches Klischee wie bei Musikern.

Tagesablauf ist völlig unregelmäßig und ich schlafe wirklich relativ lang. Was aber auch damit zusammen hängt, wenn man halt jeden Tag bis in die Puppen und erst im Morgengrauen heim kommt, dann hat man halt auch einen anderen Biorhythmus. Das ist ganz normal. Also vor 10 braucht man gar nicht versuchen mit mir einen Termin zu machen, man kann aber gerne um 22:00 mit mir noch einen Termin machen (lacht) Wobei irgendwann habe ich auch Feierabend, da hab ich dann auch kein Bock mehr. Das hab ich früher gemacht. Ja, aber der Tagesablauf ist ganz unterschiedlich. Termine, Sachen organisieren. Wenn wir hier Veranstaltungen haben, dann haste halt manchmal morgens um 09:00 Feierabend, klar. Dann muss ich manchmal morgens um 6:00 aufstehen um die Nightliner einzuparken. Ansonsten ist jeder Tag unterschiedlich. Super viel Papierkram zu tun.

Das denkt man oft garnicht, oder?

Ja, selbst in sonem kleinen Pippifax Laden wie das Rind. Na ja, obwohl, das ist hier wahrscheinlich genauso viel Papierkram ist wie in nem 2000er Laden.

Es ist unwahrscheinlich viel Organisation, mit Leuten absprechen, kommunizieren, viel Büro. Manchmal auch viele praktische Sachen, hinten auf- und  abbauen. Das ist nicht mein Hauptjob, aber da helfe ich auch manchmal aus. Natürlich auch bei Veranstaltungen, gehe ich mal in den Keller und mach den Springer, mal ne halbe Stunde Pfand weg sortiert und die Kühlschränke auffüllen. Das kommt auch manchmal vor. Ansonsten bei Veranstaltungen auch um die Bands kümmern und die Veranstaltung vorbereiten.

Bleibt da noch viel Zeit für Privatleben? Familie? Freunde?

Familie nicht. Ähm, gibt´s nicht (lacht). Ist ganz unterschiedlich, ich kann natürlich sagen, Montag, Dienstag, Mittwoch, Leute ich komm nur mal 13:00 rein, mach die Post und bin wieder weg. Weil ich dann den Rest der Woche eh, meine 50 Std. arbeite. Die Freiheit hat man natürlich.

Wenn ich mal ein Wochenende frei hab, sagen wir mal so, im Sommer gibt es in der Tat 2-3 Wochenende wo ich echt nix zu tun hab. Das ist ein bisschen so … Ähhh, was machst´n  jetzt? (lacht) Ich sag mal so. Wochenende, Freizeit, Ausgehen, bin ich nicht geübt (lacht) Weil das ist, klar, letztes Wochenende war ich mal weg, aber die meisten meiner Wochenende ist halt Arbeit.

Oft ist´s so, die Leute sehen einen hier auf der Veranstaltung und denken, hey is ja ein geiles Leben…. da kommt von mir  … ähhh, ja ich war jetzt schon 8 Stunden hier, jetzt fängt die Veranstaltung an, jetzt kommt ihr an, habt schon einen angesoffen, ähh ich muss jetzt noch irgendwie gucken das die Veranstaltung läuft und würd dann gern irgendwann nachts um 3:00 nach Hause gehen um dann Feierabend zu machen, ähm nein ich trinke jetzt nicht den 28zigsten Schnaps mit euch und ich hab jetzt keine Lust zu tanzen, denn mittlerweile bin ich 11 Std. hier und ich würd echt so langsam gerne heim.

Hast du irgendwelche Hobbies, die du gerne machst?

Oh, alles Mögliche, so kreuz und quer. So Technikgefrickel mach ich mal ganz gerne mal. Ich lese ganz gerne Comics (kichert). Und ganz klar Musik! Aber ich habe so kein ganz festes Hobby. Gerade habe ich mir einen kleinen Quadro-Kopter geholt, bin am Überlegen mir einen größeren zu holen. Ich bin da ein bisschen ein Spielkind. Ich kann mich sehr schnell für was begeistern, hab dann aber oft auch schnell keine Lust mehr dazu. Da ist schnell mal die Wohnung vollgestellt, mit irgendwelchen Sachen die ich irgendwann mal total und unbedingt haben musste, jetzt aber verstauben.

Was ich echt total gerne mach ist kochen und Speisen zubereiten. So Brot backen, Wurst machen, Bier brauen. Aber da habe ich echt keine Zeit für. Für so was brauchst du mal schnell so nen ganzen Tag dafür und das kann ich immer sehr schlecht planen. Das finde ich schon ein bisschen schade.

Gibt´s für dich „ganz besondere“ Highlights in deinem Job? Irgendwelche Storries, die du noch immer weißt?

Uhh ich vergess´ so Sachen immer recht schnell. Wenn man über alten Zeiten klönt, fällt mir natürlich immer viel ein. Aber wenn man mir diese Frage stellt, fällt mir immer nicht so viel ein. Aber was für mich immer ein Highlight war und auch bleiben wird, sind die Phono Pop Festivals. Weil wir das auch ein bisschen anders gemacht haben als andere Festivals. Da waren halt Auftritte und Künstler dabei, die ich wirklich sehr beeindruckend fand.

Aber auch in so nem kleinen Laden wie das Rind, hat man ja schon große Namen da. Gerade aus dem progressive Rock-Bereich hatten wir mal Neal Morse  zusammen mit Mike Portnoy, dem Gründerschlagzeuger von Dream Theater oder Fish, einst Frontmann von Marillion hatte hier gesungen. Das ist dann natürlich schon so was besonderes.

Aber mittlerweile, nach ein paar Jahren in der Veranstaltungsbranche geht einem dieses „Uh, das ist ein berühmter „Star“ völlig abhanden. Weißte das kommt einer an, klar, den haste vor ein paar Tagen noch im Fernsehen gesehen. Aber dann ist das auch nur ein Mensch, der die gleichen Sachen braucht wie jeder andere auch.

Am Ende behandele ich alle gleich, egal ob „Star“ oder Nachwuchsband. Es gibt für mich persönlich auf der Welt für mich vielleicht 1-2 Person, wo ich sagen würde das sind Stars, die ich auch anhimmeln würde.

Ein besondere Highlight sind für mich oft die „kleine“ Veranstaltungen, wir haben hier vor kurzen angefangen die Rind-Unplugged Veranstaltung zu machen. Und da gibt’s auf einmal so Abende, da kommste hin und erwartest eigentlich nix und auf einmal ist der Saal voll und dann spielen zwei Jungs mit Gitarre von denen du noch nie was gehört hast und du sitzt da und bekommst auf einmal irgendwie Gänsehaut. So diese kleinen Momente, sind die wirklichen Highlights in meinem Beruf.

Hinter einigen meiner Schüler stehen ja Bands, also interessiert sie das natürlich brennend!
Worauf achtest du als Konzertveranstalter wenn sich Bands/ Musik-Acts bewerben?

Wir sind als Rind ja kein klassischer Konzertveranstalter und kein Club, wir verstehen uns da schon als Kulturzentrum. D.h. das hier lokale und regionale Nachwuchsbands bevorzugte Chancen haben bei uns auf die Bühne zu kommen, das ist natürlich klar. Worauf ich achte? Klar es muss eine gewisse musikalische Grundqualität vorhanden sein. Wir sind kein Jugendhaus, wo jeder auf die Bühne kommt, ein gewisses Niveu muss man schon erreicht haben. Dann guck ich einfach auf die Leute ob die cool und kooperationsbereit sind und ob die ein bisschen Ideen und Engagement haben. Geht jetzt noch nicht mal nach Musikrichtung, das ist völlig wurscht, hier hat alles seinen Platz. Von Jazz bis Heavy Metal.

Ist immer cool, wenn sich Bands zusammen tun und sagen hier, komm lass uns einen Hard-Rock Abend machen. So wenn die ein bisschen was auf die Beine stellen wollen, wenn die Bock haben für ein Publikum was zu tun.

Es reicht eben nicht einfach nur, Musik zu machen. Die Leute sollten schon eine Idee von einer Veranstaltung haben. Das die Leute in den Saal kommen, sich wohl fühlen und sagen „Hey, das war ein cooler Abend!“. Das ist wie Stimme und Performance. Es gibt Sänger, die haben keine tolle Gesangstimme, aber sie reißen das Publikum mit. Dann gibt es perfekte Sänger, die jeden Ton treffen und das Publikum langweilt sich.

So hast du das halt als Band auch. Die Musik und die Performance müssen stimmen. Und die Performance erstreckt sich eben auch auf die Wochen vor und nach der Veranstaltung. Es geht so bisschen um das Funkeln in den Augen und das die Bock haben aufzutreten, was auf die Beine zu stellen, die Leute zu begeistern. Denn die Luft im Saal kann bei 50 Leuten vibrieren, es kann aber auch bei 150 Leuten Totengräberstimmung herrscht.

Was für Musik oder Bands hörst du privat?

Das hat sich son bisschen abgenutzt so die letzten Jahre, weil ich hier beruflich ja echt alles Mögliche höre. Aber ich bin immer noch ein kleiner Indie-Rocker. In letzter Zeit höre ich meistens Musik von früher. Ich bin ein großer Fan von Pulp, also Jarvis Cocker – Der größte Fan in Deutschland bin ich!! (lacht) Ja nicht ganz (kichert). Keine Ahnung, ich höre einfach immer noch gerne die alten Sachen von Spoon, Interpol, Editors, The National, aber auch gerne  the Strokes oder Franz Ferdinad. Natürlich auch aktuelle Mukke, aber da bin ich eigentlich gar nicht mehr so drin und irgendwie sagt mir da auch vieles nicht mehr so richtig zu. Auf meiner Playlist habe ich echt total unterschiedliches. Gerade gestern habe ich mir was runtergeladen, die heißen 1 Hopeful Rd. Otis Redding meets Led Zepplin war die Kritik. Muss ich mir sofort holen, dachte ich mir. So die Klassiker. Otis Redding habe ich die letzte Zeit super viel gehört, Led Zepplin hab ich die letzte Zeit wieder super viel gehört. Privat höre ich relativ wenig neue Mukke, weil ich hier ständig mit neuer Musik voll gepratzt werde. Was im Auto immer läuft um mich abzureagieren ist nach wie vor Slipknot. Ja, mhhh, die letzte Zeit habe ich auch wieder Sublime gehört, so Reagge- Punk Zeug. Matsyahou, ein israelischer Reagge Künsler, ich hasse eigentlich Reagge, aber bei dem habe ich irgendwann reingehört und dacht mir, der macht ja geile Musik. Also völlig Querbeet. Es gibt halt ganz wenige neue Sachen, wo ich sage „Wow, cool!“, auch wenn das jetzt blöd klingt,  vieles langweilt mich recht schnell bei neuerer Musik.

Was ist dein Lieblingsoutfit für Konzerte?

Das was ich mittags auch schon an hatte (lacht)

Gibt´s ein Lieblingsgetränk, das bei Open Airs oder Konzerten unbedingt an den Start muss bei dir?

Ähhhm, ein gutes Bier. Das ist relativ schwierig auf Konzerten und Festivals ein relativ gutes Bier zu bekommen.

Meistens bekommt man halt so die Fernseh-Biere (Beck´s, Bitburger, Warsteiner…) und das dann schlecht gezapft in schäbigen Plastikbechern.

Und das dann  bestimmt lauwarm, oder?

Ne, das bekommen se mittlerweile gut hin, dass das dann schön knackig kalt ist, ja aber, ich verbinde mit gutem Bier was anderes.

Was wolltest du schon immer mal in einem Interview gefragt werden?

Was ist deine Lieblingsfarbe 😉

Und?

Grün!

Dir gefällt der Artikel? Dann sags gerne weiter!