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Warum wir uns als Sänger/ innen vergleichen

Und warum das was Gutes ist – auch wenn uns das ab und zu frustriert!

Du kennst das doch bestimmt auch, dass du dich oder deine Stimme mit anderen Sänger/ innen in deinem Umfeld vergleichst und denkst: „Die können das viel besser als ich.“, oder „Ich bin einfach nicht gut genug.“. Das direkt vorweg – die Tatsache, sich mit anderen zu vergleichen ist erstmal weder „gut“ noch „schlecht“. Jeder Mensch vergleicht sich mit anderen – egal ob Sänger/ in oder nicht. Ich mag sogar behaupten, sich mit anderen zu vergleichen ist etwas sehr Menschliches und passiert häufiger als wir es mitbekommen und ganz unbewusst. Wir streben also nicht immer bewusst den Vergleich zwischen uns selbst und der/ dem Sänger/in aus dem Nachbarproberaum an – es passiert einfach und ist , wie gesagt, generell nichts, was uns ein schlechtes Gefühl wie Neid, Frust oder ein verringertes Selbstwertgefühl gibt.

Sich mit anderen Sänger/ innen zu vergleichen gibt ein schlechtes Gefühl

Doch klar! Ist es wohl! – Denkst du jetzt?

In der Tat gibt es manchmal Situationen, in der wir uns bewusst oder unbewusst mit anderen Mitmusiker/innen vergleichen, und uns postwendend dadurch schlecht fühlen. Wir sind frustriert, dass deren Stimme geiler klingt, werden neidisch, dass zu deren Konzerten mehr Leute kommen (obwohl sie in unseren Augen die schlechteren Musiker/ innen sind), sie sich auf der Bühne besser bewegen, der Sound besser ist, sie nach außen mehr als Einheit wirken…. etc. Die Liste an dem, was wir als Begründung für unser schlechtes Gefühl durch diesen Vergleich finden, lässt sich beliebig fortsetzen. Mein Eindruck ist es, dass, bis zu einem bestimmten Level unter Musiker/innen, dass sich durch den direkten Vergleich schlecht fühlen häufig vorkommt. Eine spannende Beobachtung, der ich vielleicht mal flächendeckender nachgehen müsste, ob es wirklich so ist oder nur so ein Bauchgefühl ist. Egal wie verbreitet dieses Phänomen auch sein mag, nach meiner Erfahrung hindern uns diese Art der negativen Vergleiche, dass wir der/ die Sänger/in werden, die wir eigentlich sein wollen und theoretisch auch sein können – würden wir uns durch diese Negativ-Vergleiche nicht selbst klein halten!

Also, warum machen wir das mit dem negativen Vergleichs-Mist eigentlich?

Dass wir uns generell und so häufig mit bestimmten (Mit-)Menschen vergleichen, hat aus der Evolution heraus verschiedene, u.a. für uns sozial wichtige Funktionen. Man könnte sogar sagen, es sichert uns zum gewissen Grad das Überleben. Schon von klein auf lernen wir, durch Zuschauen und Vergleichen von unserem direkten Umfeld, für unsere eigene Bewegungsmotorik oder gewisse Verhaltensweisen. Wir  adaptieren daraus teils abgewandelt für unseren eigenen „Könnens-Schatz“, und eignen uns so gewisse wichtige Fähigkeiten an. Darum die zweite gute Nachricht, es gibt also auch Vergleiche die durchweg mit positiven Gefühlen für uns verbunden sind. Sie sind für uns nur oft kaum spürbar. Die mit negativen Gefühlen behafteten Vergleiche nehmen wir nur meist stärker wahr. Da es sich eben um ein unangenehmes Gefühl für uns handelt, versuchen wir das so schnell wie möglich beiseitezuschieben. Die Krux am schnell negative Gefühle beiseiteschieben wollen ist, dass sie sich nicht beiseiteschieben lassen!

Sie haben einen Grund!

Stimmenwerk Sänger Mindset

Foto: Stephan Dinges

Sie zeigen uns an, dass wir auf das Thema genauer schauen sollten, um für uns das WARUM des negativen Gefühls zu finden. Also warum gibt mir der Vergleich mit dem/ der Sänger/ in ein schlechtes Gefühl oder frustriert mich sogar. Das herauszufinden und für uns zu bearbeiten bedeutet oft intensive innere Arbeit, die wir meist versuchen zu vermeiden. Ist ja erstmal anstrengend. Ergo, meldet sich das negative Gefühl aus dem Vergleich so lange und immer wieder bei uns, bis wir unseren inneren Konflikt durch innere Arbeit damit behoben haben.

Uns mit anderen Sänger/innen zu vergleichen bringt uns auf unser nächstes Level

Wie schon oben beschrieben, hilft uns der Vergleich mit anderen Menschen, mit eigenen Herausforderungen (besser) umzugehen. Die bereits gemachten Erfahrungen von anderen können von Vorbild bis direkte Schritt-für-Schritt-Anleitung für uns alles sein. Richtig, sie können genau DAS sein – eine persönliche oder gar stimmliche Hilfestellung, wenn wir für die Vergleiche in unserem musikalischen Umfeld lernen, unseren Fokus genau darauf zu bringen. Bereits gemachte Erfahrungen oder Vorleben von anderen Sänger/ innen können wir für unsere eigenen Zwecke nutzen, um z.B. ein gleiches oder vergleichbares Ziel zu erreichen. Man sagt ja auch sprichwörtlich: „Von anderen lernen.“ Natürlich wollen wir darüber hinaus mit einem direkten Vergleich zu jemanden auch abchecken, wo wir uns z.B. mit unserer sängerischen Leistung einzuordnen haben – ob wir „besser“ oder „schlechter“ sind. Wir wollen uns oft über so einen direkten Vergleich mit anderen Musiker/ innen ein gutes (Selbstwert-)Gefühl (zurück) holen. Aber sind wir mal ehrlich, selbst ein/ e richtig schlechte Sänger/ in hat es nicht in der Hand, dir ein besseres (Selbstwert)Gefühl zu geben oder deine Bedenken zu beruhigen, dass du stimmlich oder musikalisch „nicht gut genug“ für etwas sein könntest. Unabhängig davon, dass es sehr fragwürdig ist, jemand anderem die „Macht“ darüber zu geben, wie du dich, bezogen auf dein musikalisches Schaffen, zu fühlen hast, hat es das Wort „Selbstwert“ bereits im Namen stehen. Es ist der Wert, den du dir selbst gibst. Niemand sonst und schon gar kein Vergleich zu anderen Sänger/ innen kann das für dich verändern.

Foto: Stephan Dinges

Um das eigene Vergleichsmuster besser verstehen zu können, habe ich für euch mal drei gängige Vergleichsarten zusammengefasst. Vielleicht erkennt ihr euch darin wieder und könnt das nutzen, um für euch den Fokus so verändern. Vielleicht hilft es euch, aus euren negativen Vergleichen mehr positive machen und sie für euer Vorankommen als Sänger/ in zu nutzen.

Die 3 verschiedenen Arten, wie wir uns mit anderen Sänger/innen vergleichen können
  • Aufwärts-Vergleich – um sich besser zu fühlen und anzunähern

Kim glaubt, sie hat Schwierigkeiten bestimmte Intervalle sauber anzusingen. Sie will ihr eigenes Können als Sängerin besser einschätzen lernen und herausfinden, wie sie sich verbessern kann. Sie weiß, dass einer ihrer Kumpel einst von der gleichen Problematik berichtet hatte und dass er mittlerweile saubere und selbstsicher Intervalle und Melodien singen kann. Kim erinnert sich daran, dass ihr Kumpel von einem bestimmten Gehörtraining erzählt hat, dass ihm dabei sehr geholfen hat. Kim überlegt, nun auch mit Gehörtraining beim Singen anzufangen und sich dazu Tipps von ihrem Kumpel zu holen. Sie hat sich also jemanden gesucht, der dieses Thema für sich bereits gelöst hat und versucht, dadurch ihre eigene Situation zu verbessern, indem sie sich dem Können ihres Kumpels annähert.

  • Abwärts-Vergleich – um sich besser zu fühlen und abzugrenzen

Max hat ein ganz anderes Motiv: Er will, dass es ihm jetzt im Moment besser geht – die letzte Bandprobe lief nicht so und er ist mit seiner Stimme unzufrieden. Er hat sich erneut durch eine schlechte Akustik im Proberaum extrem heiser gesungen und an vielen Stellen schief gesungen. Darum denkt Max jetzt an Lisa, um sich besser zu fühlen. Sie ist mehrfach, ohne abzusagen, nicht zur Bandprobe erschienen und hat wiederholt Akkorde von Songs vergessen . Nun wurde sie verärgert aus der Band geschmissen. „Immerhin habe ich noch eine Band.” denkt Max. Er macht also einen Abwärts-Vergleich und fühlt sich besser, indem er sich von Lisa abgrenzt. An der Ursache für sein schlechtes Gefühl ändert er jedoch nichts.

Ganz so einfach ist es aber meist nicht. In der Regel planen wir Vergleiche nicht – sie passieren oft unbewusst. Es könnte also auch so laufen:

  • Aufwärts-Vergleich – um sich besser zu fühlen und abzugrenzen

Flo ist nach dem letzten Gig unzufrieden. Er will sich besser fühlen und scrollt auf Instagram herum, um sich davon abzulenken. Dabei entdeckt er das Foto von SuperSound_Band, die stolz verkünden, dass sie nächsten Somme ihre erste Tour als Support einer größeren Band mitfahren. Der Sänger aus dem Nachbarproberaum scheint aktuell erfolgreich in einem top Studio Aufnahmen zu machen – die ersten Hörproben sind ne Wucht und er lächelt auf seinem Selfie entspannt wie nach einem Urlaub. Seine recht fotogene Bekannte Amelie, hat mit einem simplen 2 Akkord-Lied über Nacht plötzlich 20.000 Views auf YouTube. Und Flo? Er fragt sich, wieso alle anderen ihr Leben perfekt auf die Reihe kriegen, tolle Angebote bekommen, kreativ sind, regelmäßig super Output liefern und es alles so nach Leichtigkeit aussieht. Flo will sich also besser fühlen, vergleicht sich aber mit Menschen, die gefühlt außerhalb seiner Reichweite sind. Er vergleicht nach oben und grenzt sich ab – und fühlt sich hinterher schlechter als vorher.

 
Erkennst du dich irgendwo wieder?